Beschluss: einstimmig abgelehnt

Empfehlung:

 

Der Bau und Umweltausschuss der Stadt Eisenberg empfiehlt dem Stadtrat der Stadt Eisenberg einstimmig, die Verwaltung zu beauftragen, ihre Bedenken gegenüber der Stadt Grünstadt geltend zu machen.

 

 


 

Die Stadt Grünstadt hat die Aufstellung des Bebauungsplanes „Nahversorgungszentrum Nord“ beschlossen. Gleichzeitig soll der Flächennutzungsplan entsprechend geändert werden. Mit dem Bebauungsplan sollen die baurechtlichen Voraussetzungen zur Ansiedlung von zwei Lebensmittelmärkten geschaffen werden. Geplant sind ein Lebensmittel-Discounter mit einer Verkaufsfläche von max. 1.000 m² und ein Vollsortimenter mit einer Verkaufsfläche von max. 1.400 m². Weiterhin soll eine Schank- und Speisewirtschaft mit einer Gastraumgröße von max. 100 m² zulässig sein. Der Beschlussvorlage ist ein Auszug aus dem Bebauungsplanentwurf beigefügt. Die Stellungnahme ist bis zum 22.06.2018 abzugeben.

Im August 2018 hatte die Stadt Grünstadt die Gemeinden der Verbandsgemeinde Eisenberg bereits bei der erforderlichen Änderung des Einzelhandelskonzeptes beteiligt. Im Rahmen des Beteiligungsverfahrens wurde den Gemeinden der Verbandsgemeinde Eisenberg (Pfalz) Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben. Anlass zur Fortschreibung des Einzelhandelskonzeptes ist die geplante Ansiedlung von zwei Lebensmittelmärkten im Stadtteil Asselheim. Geplant sind die Verlegung des bestehenden  ALDI-Marktes vom Standort „Carl-Zeiss-Straße“ sowie die Neuansiedlung eines REWE-Marktes. Bei beiden Einzelhandelsnutzungen ist die Sortimentsstruktur vorrangig auf die Grundversorgung ausgerichtet.

Die Versorgung im Bereich kurz- und mittelfristiger Bedarf im Segment Lebensmittel ist in der Stadt Grünstadt gesichert. Die Entwicklung auf der Anbieterseite wird von Verdrängungswettbewerb und preisaggressiven Absatzformen gekennzeichnet sein. Für die gesamte Bundesrepublik wird die Kaufkraft ermittelt und in einen regionalen Vergleich gestellt. Dabei liegt die Stadt Grünstadt mit einem Wert von 105,0 deutlich über dem Bundesdurchschnitt. Die Verbandsgemeinde Eisenberg weist mit einem Wert von 92,1 einen unterdurchschnittlichen Kaufkraftkoeffizienten aus. Die Stadt Grünstadt bindet diese Kaufkraft bereits jetzt mit einem Wert von 239,7 und liegt damit sehr deutlich über dem Bundesdurchschnitt von 100,0.

Die Handelszentralität (Relation von Umsatz zur Kaufkraft) der Stadt Grünstadt lag im Jahr 2010 in allen Bereichen bei 228 % d.h. für die Stadt Grünstadt kann als Mittelzentrum mit einem deutlichen Kaufkraftzufluss ausgegangen werden. Für das Basisjahr 2017 ist von einem leichten Rückgang der Zentralität auf ca. 218 % auszugehen. Im Bereich des Segmentes Lebensmittel lag die Zentralität 2010 sogar bei 268 % und wird für das Jahr 2017 mit 239 % angenommen. Die Kaufkraftbindung in der Verbandsgemeinde Eisenberg (Pfalz) liegt lediglich bei ca. 88 %.

 

Die Stadt Grünstadt hat damit eine weit überörtliche Marktausstrahlung und bindet in großem Umfang Kaufkraft aus den Nachbargemeinden.

Im Gutachten wurde das „Marktgebiet“ Grünstadt in drei Teilbereich aufgeteilt.

I. Stadt Grünstadt

II. Mittelbereich Grünstadt (VG Grünstadt-Land)

III. Erweitertes Marktgebiet (VG Eisenberg, Teile VG Göllheim, Teile VG Monsheim

   und Bereich Weisenheim am Berg und Freinsheim).

Im Gutachten wird folgende Annahme formuliert: „In der Zone III (Erweitertes Marktgebiet) ist aufgrund der Nähe zu weiteren Zentralen Orten / Einkaufsstätten wie z.B. Ludwigshafen, Worms, Kaiserslautern von einer geringen Marktdurchdringung auszugehen. Dennoch sind gewisse Einkaufsverflechtungen vorhanden.“

Im Gutachten selbst wird diese Annahme widerlegt. Bei der Ermittlung der Kaufkraftpotentiale werden folgende Zahlen aufgeführt:

Zone I (Grünstadt) = 85,1 Mio. €

Zone II (Mittelbereich Grünstadt) = 188,9 Mio. €

Zone III (Erweitertes Marktgebiet) = 191,7 Mio. €.

 

Aus den vorgenannten Zahlen muss geschlossen werden, dass der bestehende Einzelhandel bereits jetzt große Auswirkungen auf die Einzelhandelsgeschäfte im Bereich der Verbandsgemeinde Eisenberg (Pfalz) hat. Das gesamtstädtische Angebot im Sortiment Lebensmittel ist sowohl hinsichtlich der Betriebstypen als auch der Betreiberfirmen als sehr ausgeprägt zu bewerten. Wesentliche Angebotslücken im Bereich Lebensmitteleinzelhandel liegen in der Gesamtstadt Grünstadt nicht vor.

 

Bei der Ermittlung der Verträglichkeit der geplanten Ansiedlung der Lebensmittelmärte wird vom Gutachter angenommen, dass sich für den Bereich der Verbandsgemeinde Eisenberg (Pfalz) keine Auswirkungen auf den Abfluss der Kaufkraft ergeben und diese nicht zum Einzugsgebiet der geplanten Lebensmittelmärkte gehört. 

Diese Annahme wird von uns nicht geteilt. Die geplanten Märkte sind im Zusammenhang mit dem bestehenden Angebot zu sehen. Der Standort der geplanten Märkte liegt verkehrstechnisch so günstig, dass das zukünftige Angebot auf jeden Fall Auswirkungen auf den Einzugsbereich und auch auf die Kaufkraft der Verbandsgemeinde Eisenberg (Pfalz) an sich hat. Die beiden Märkte werden sich ergänzen und für viele eine hohe Attraktivität entwickeln. Wenn bisher noch ein Einkauf bei den Anbietern im Bereich der Verbandsgemeinde Eisenberg (Pfalz) in Ergänzung zu den Einkäufen in den beiden großen Lebensmittelmärkten Globus und Kaufland erfolgte, so ist zu befürchten das die beiden geplanten Märkte auch diese Nachfrage zukünftig abdecken. Es wird damit ein weiterer Abfluss der Kaufkraft aus dem Bereich der Verbandsgemeinde Eisenberg (Pfalz) sowie deren Einzugsgebiet stattfinden. Dies kann dazu führen, dass die Stadt Eisenberg (Pfalz) als Mittelzentrum ihre Aufgabe im festgelegten Umfang nicht mehr erfüllen kann.

 

Im Gutachten selbst ist ausgeführt, dass eine Marktabschöpfung zwischen 23% und 28 % erforderlich ist um die erforderlichen rechnerischen Planumsatzleistungen der beiden geplanten Märkte zu erreichen. In der Stadt Grünstadt liegt bereits jetzt eine stark ausgeprägte Wettbewerbssituation mit einem vielseitigen Betriebstypenmix im Lebensmitteleinzelhandel vor, so dass die erforderlichen Marktabschöpfungsquoten zwischen 23 % und 28 % zur Erreichung der rechnerischen Planumsätze als zu hoch zu bewerten sind. Es ist daher zwingend notwendig das zusätzliche Kaufkraft aus dem Bereich der Verbandsgemeinde Eisenberg (Pfalz) abgeschöpft wird.

Die Aussage im Gutachten, dass in der Stadt Grünstadt bereits jetzt eine sehr hohe Einzelhandelszentralität im Lebensmittelmarkt von ca. 240 % vorliegt und daher nicht mit einer nennenswerten Steigerung der Kaufkraftbindung in der Stadt Grünstadt selbst bzw. von einer Erhöhung der Kaufkraftabschöpfung im Umland auszugehen ist, muss doch sehr stark angezweifelt werden. Aufgrund dessen wird im Gutachten in der Modellrechnung davon ausgegangen, dass sich der zusätzlich durch das Planvorhaben generierte Umsatz vollständig gegenüber den Bestandsbetrieben in der Stadt Grünstadt umverteilt. Die Umverteilungsquote wird mit 11% bis 12 % angesetzt.

Entgegen den Annahmen im Gutachten wird mit gravierenden Auswirkungen auch auf den Bereich des Marktgebietes der Verbandsgemeinde Eisenberg (Pfalz) gerechnet. Bei einer Umverteilungsquote von bis zu 12 % kann dies auch zu großen Auswirkungen auf den zentralen Versorgungsbereich der Stadt Eisenberg (Pfalz) und damit auf die Aufgaben des Mittelzentrums haben. Hier wird das im regionalen Raumordnungsplan festgelegte Nichtbeeinträchtigungsgebot möglicherweise verletzt. Danach darf durch die Ansiedlung und Erweiterung von großflächigen Einzelhandelsbetrieben weder die Versorgungsfunktion der städtebaulich integrierten Bereiche noch die Versorgungsbereiche benachbarter zentraler Orte wesentlich beeinträchtigt werden. Die Aussage im Gutachten: „Mit der Ansiedlung eines weiteren Lebensmittelmarktes der Fa. REWE werden „Kannibalisierungseffekte“ entstehen, da die Kunden, welche bisher an den bestehenden Standort tendieren, künftig zumindest in Teilen an den Versorgungsbereich Lebensmittel-Nahversorgung tendieren werden“ wird umfänglich geteilt. Dennoch wurden bei der Untersuchung die zu erwartenden gravierenden Auswirkungen für den Marktbereich der Verbandsgemeinde Eisenberg (Pfalz) außer Acht gelassen.

 

Aufgrund der vorstehenden Ausführungen bestehen erhebliche Bedenken gegen die geplante Ansiedlung von zwei Lebensmittelmärkten im Bereich des Stadtteiles Grünstadt-Asselheim. Mit Schreiben vom 11.09.2017 hatte die Verwaltung die vorstehend beschriebenen Bedenken gegen das Einzelhandelskonzept geltend gemacht. Diese wurden jedoch von der Stadt Grünstadt nicht beachtet. Nach Auffassung der Verwaltung bestehen die Bedenken weiterhin. Es wird mit einem erheblichen Kaufkraftabfluss aus dem Marktbereich der Verbandsgemeinde Eisenberg und den damit verbundenen negativen Einflüssen auf den ansässigen Einzelhandel gerechnet.   

 

Die Ausschussmitglieder Ender Önder und Peter Funck sehen durch die geplante Aufstellung des Bebauungsplanes „Nahversorgungszentrum Nord“ eine Gefährdung des Mittelzentrums in Eisenberg.