Beschluss: einstimmig abgelehnt

Beschluss:

 

 

Der Stadtrat beschließt einstimmig gegen die Fortschreibung des Einzelhandelskonzeptes der Stadt Grünstadt zu stimmen. Es bestehen erhebliche Bedenken. Die Verwaltung wird beauftragt, diese im Namen der Stadt Eisenberg gegenüber der Stadt Grünstadt geltend zu machen.

 

 


 

Ratsmitglied M. Rauschkolb erscheint zur Sitzung.

 

Die Stadt Grünstadt beabsichtigt ihr Einzelhandelskonzept fortzuschreiben. Im Rahmen des Beteiligungsverfahrens wird den Gemeinden der Verbandsgemeinde Eisenberg (Pfalz) Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben. Anlass zur Fortschreibung des Einzelhandelskonzeptes ist die geplante Ansiedlung von zwei Lebensmittelmärkten im Stadtteil Asselheim. Geplant sind die Verlegung des bestehenden ALDI-Marktes vom Standort „Carl-Zeiss-Straße“ sowie die Neuansiedlung eines REWE-Marktes. Bei beiden Einzelhandelsnutzungen ist die Sortimentsstruktur vorrangig auf die Grundversorgung ausgerichtet. Der geplante Standort ist im Lageplan der Beschlussvorlage dargestellt.

Die Versorgung im Bereich kurz- und mittelfristiger Bedarf im Segment Lebensmittel ist in der Stadt Grünstadt gesichert. Die Entwicklung auf der Anbieterseite wird von Verdrängungswettbewerb und preisaggressiven Absatzformen gekennzeichnet sein. Für die gesamte Bundesrepublik wird die Kaufkraft ermittelt und in einen regionalen Vergleich gestellt. Dabei liegt die Stadt Grünstadt mit einem Wert von 105,0 deutlich über dem Bundesdurchschnitt. Die Verbandsgemeinde Eisenberg weist mit einem Wert von 92,1 einen unterdurchschnittlichen Kaufkraftkoeffizienten aus. Die Stadt Grünstadt bindet diese Kaufkraft bereits jetzt mit einem Wert von 239,7 und liegt damit sehr deutlich über dem Bundesdurchschnitt von 100,0.

Die Handelszentralität (Relation von Umsatz zur Kaufkraft) der Stadt Grünstadt lag im Jahr 2010 in allen Bereichen bei 228 % d.h. für die Stadt Grünstadt kann als Mittelzentrum mit einem deutlichen Kaufkraftzufluss ausgegangen werden. Für das Basisjahr 2017 ist von einem leichten Rückgang der Zentralität auf ca. 218 % auszugehen. Im Bereich des Segmentes Lebensmittel lag die Zentralität 2010 sogar bei 268 % und wird für das Jahr 2017 mit 239 % angenommen. Die Kaufkraftbindung in der Verbandsgemeinde Eisenberg (Pfalz) liegt lediglich bei ca. 88 %.

 

Die Stadt Grünstadt hat damit eine weit überörtliche Marktausstrahlung und bindet in großem Umfang Kaufkraft aus den Nachbargemeinden.

Im Gutachten wurde das „Marktgebiet“ Grünstadt in drei Teilbereich aufgeteilt.

I. Stadt Grünstadt

II. Mittelbereich Grünstadt (VG Grünstadt-Land)

III. Erweitertes Marktgebiet (VG Eisenberg, Teile VG Göllheim, Teile VG Monsheim

   und Bereich Weisenheim am Berg und Freinsheim).

Im Gutachten wird folgende Annahme formuliert: „In der Zone III (Erweitertes Marktgebiet) ist aufgrund der Nähe zu weiteren Zentralen Orten / Einkaufsstätten wie z.B. Ludwigshafen, Worms, Kaiserslautern von einer geringen Marktdurchdringung auszugehen. Dennoch sind gewisse Einkaufsverflechtungen vorhanden.“

Im Gutachten selbst wird diese Annahme widerlegt. Bei der Ermittlung der Kaufkraftpotentiale werden folgende Zahlen aufgeführt:

Zone I (Grünstadt) = 85,1 Mio. €

Zone II (Mittelbereich Grünstadt) = 188,9 Mio. €

Zone III (Erweitertes Marktgebiet) = 191,7 Mio. €.

 

Aus den vorgenannten Zahlen muss geschlossen werden, dass der bestehende Einzelhandel bereits jetzt große Auswirkungen auf die Einzelhandelsgeschäfte im Bereich der Verbandsgemeinde Eisenberg (Pfalz) hat. Ein Lageplan mit dem „Marktgebiet Grünstadt“ liegt der Beschlussvorlage bei. Das gesamtstädtische Angebot im Sortiment Lebensmittel ist sowohl hinsichtlich der Betriebstypen als auch der Betreiberfirmen als sehr ausgeprägt zu bewerten. Wesentliche Angebotslücken im Bereich Lebensmitteleinzelhandel liegen in der Gesamtstadt Grünstadt nicht vor.

 

Bei der Ermittlung der Verträglichkeit der geplanten Ansiedlung der Lebensmittelmärkte wird vom Gutachter angenommen, dass sich für den Bereich der Verbandsgemeinde Eisenberg (Pfalz) keine Auswirkungen auf den Abfluss der Kaufkraft ergeben und diese nicht zum Einzugsgebiet der geplanten Lebensmittelmärkte gehört. Das Einzugsgebiet ist in der Beschlussvorlage dargestellt.

Diese Annahme wird von uns nicht geteilt. Die geplanten Märkte sind im Zusammenhang mit dem bestehenden Angebot zu sehen. Der Standort der geplanten Märkte liegt verkehrstechnisch so günstig, dass das zukünftige Angebot auf jeden Fall Auswirkungen auf den Einzugsbereich und auch auf die Kaufkraft der Verbandsgemeinde Eisenberg (Pfalz) an sich hat. Die beiden Märkte werden sich ergänzen und für viele eine hohe Attraktivität entwickeln. Wenn bisher noch ein Einkauf bei den Anbietern im Bereich der Verbandsgemeinde Eisenberg (Pfalz) in Ergänzung zu den Einkäufen in den beiden großen Lebensmittelmärkten Globus und Kaufland erfolgte, so ist zu befürchten das die beiden geplanten Märkte auch diese Nachfrage zukünftig abdecken. Es wird damit ein weiterer Abfluss der Kaufkraft aus dem Bereich der Verbandsgemeinde Eisenberg (Pfalz) sowie deren Einzugsgebiet stattfinden. Dies kann dazu führen, dass die Stadt Eisenberg (Pfalz) als Mittelzentrum ihre Aufgabe im festgelegten Umfang nicht mehr erfüllen kann.

 

Im Gutachten selbst ist ausgeführt, dass eine Marktabschöpfung zwischen 23% und 28 % erforderlich ist um die erforderlichen rechnerischen Planumsatzleistungen der beiden geplanten Märkte zu erreichen. In der Stadt Grünstadt liegt bereits jetzt eine stark ausgeprägte Wettbewerbssituation mit einem vielseitigen Betriebstypenmix im Lebensmitteleinzelhandel vor, so dass die erforderlichen Marktabschöpfungsquoten zwischen 23 % und 28 % zur Erreichung der rechnerischen Planumsätze als zu hoch zu bewerten sind. Es ist daher zwingend notwendig das zusätzliche Kaufkraft aus dem Bereich der Verbandsgemeinde Eisenberg (Pfalz) abgeschöpft wird.

Die Aussage im Gutachten, dass in der Stadt Grünstadt bereits jetzt eine sehr hohe Einzelhandelszentralität im Lebensmittelmarkt von ca. 240 % vorliegt und daher nicht mit einer nennenswerten Steigerung der Kaufkraftbindung in der Stadt Grünstadt selbst bzw. von einer Erhöhung der Kaufkraftabschöpfung im Umland auszugehen ist, muss doch sehr stark angezweifelt werden. Aufgrund dessen wird im Gutachten in der Modellrechnung davon ausgegangen, dass sich der zusätzlich durch das Planvorhaben generierte Umsatz vollständig gegenüber den Bestandsbetrieben in der Stadt Grünstadt umverteilt. Die Umverteilungsquote wird mit 11% bis 12 % angesetzt.

Entgegen den Annahmen im Gutachten wird mit gravierenden Auswirkungen auch auf den Bereich des Marktgebietes der Verbandsgemeinde Eisenberg (Pfalz) gerechnet. Bei einer Umverteilungsquote von bis zu 12 % kann dies auch zu großen Auswirkungen auf den zentralen Versorgungsbereich der Stadt Eisenberg (Pfalz) und damit auf die Aufgaben des Mittelzentrums haben. Hier wird das im regionalen Raumordnungsplan festgelegte Nichtbeeinträchtigungsgebot möglicherweise verletzt. Danach darf durch die Ansiedlung und Erweiterung von großflächigen Einzelhandelsbetrieben weder die Versorgungsfunktion der städtebaulich integrierten Bereiche noch die Versorgungsbereiche benachbarter zentraler Orte wesentlich beeinträchtigt werden. Die Aussage im Gutachten: „Mit der Ansiedlung eines weiteren Lebensmittelmarktes der Fa. REWE werden „Kannibalisierungseffekte“ entstehen, da die Kunden, welche bisher an den bestehenden Standort tendieren, künftig zumindest in Teilen an den Versorgungsbereich Lebensmittel-Nahversorgung tendieren werden“ wird umfänglich geteilt. Dennoch wurden bei der Untersuchung die zu erwartenden gravierenden Auswirkungen für den Marktbereich der Verbandsgemeinde Eisenberg (Pfalz) außer Acht gelassen.

 

Aufgrund der vorstehenden Ausführungen bestehen erhebliche Bedenken gegen die geplante Ansiedlung von zwei Lebensmittelmärkten im Bereich des Stadtteiles Grünstadt-Asselheim.